Gerontopsychiatrie 2015 – Multiprofessionell Denken und Handeln!

XII. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V.

04.-06. März 2015 in Essen

   
Symposium DEM1 Donnerstag, 05.03.2015, 09.30-11.00 Uhr
   
   
Fahreignung im Alter und bei beginnender Demenz
     
     

Im Zuge der demographischen Entwicklung werden immer mehr alte und auch hochbetagte Menschen aktive Autofahrer sein, der Anteil der über 80-jährigen Führerscheinbesitzer wird für das Jahr 2025 auf mehr als 80 % der Frauen und über 90 % der Männer prognostiziert. Vor diesem Hintergrund wird immer wieder die Frage der Fahreignung älterer Autofahrer aufgeworfen, die Möglichkeit obligatorischer Fahrtauglichkeitsuntersuchungen ab einem gewissen Alter wird kontrovers diskutiert. Sicherheitsaspekte stehen hierbei der Forderung nach Mobilität und Teilhabe am öffentlichen Leben gegenüber.
Im Alter ändert sich das Fahrverhalten, wobei Leistungseinbußen zumindest teilweise kompensiert werden können. Leistungstests führen zu einer Unterschätzung der tatsächlichen Fahreignung älterer Autofahrer. Unfallentstehung und Unfallhäufigkeiten weisen charakteristische Unterschiede im Vergleich zu jüngeren Autofahrern auf, die häufig nicht beachtet werden. Eine differenzierte Betrachtung ist aber notwendig, um eine voreilige Überschätzung der Gefährdung zu vermeiden. Ältere Autofahrer sind eher selbst gefährdet als dass sie andere gefährden. Durchschnittlich erst jenseits des 75.-80. Lebensjahres wirken sich gesundheitliche Beeinträchtigungen häufiger mobilitätsrelevant aus.
Die kognitive Leistungsfähigkeit spielt für das Autofahren eine zentrale Rolle. Während bei fortgeschrittener Demenz Fahreignung sicher nicht mehr gegeben ist, kann sie in leichten Demenzstadien noch eine Zeitlang erhalten sein. Die Beurteilung muss stets individuell und umfassend erfolgen, es gibt keinen Einzeltest, der für sich allein die Frage der Fahreignung bei beginnender Demenz definitiv beantworten könnte. Wird eine Demenzdiagnose gestellt, muss die Problematik zeitnah mit dem Patienten besprochen werden, weil im Verlauf der Demenz die Fahreignung zwangsläufig verloren gehen wird. Hierzu ist der Arzt auch formalrechtlich verpflichtet („Sicherungs- oder Sicherheitsaufklärung bzw. –beratung“ bei progredienter Erkrankung).
Ausreichendes Wissen um gesetzliche Grundlagen und Vorschriften sowie praktische Durchführung der Fahreignungsuntersuchung ist Voraussetzung dafür, dass Ärzte rechtzeitig mit ihren Patienten über dieses Thema reden, denn der u. U. notwendige Verzicht auf den Führerschein stellt einen schwierigen Entscheidungsprozess dar, bei dem der Arzt den Patienten und seine Angehörigen als Gesprächspartner und Berater begleiten muss.
Angesichts von Multimorbidität und Polypharmazie ist der Einfluss von Arzneimitteln auf die Fahrtüchtigkeit von großer Bedeutung. Eine besondere Rolle spielen dabei Psychopharmaka, insbesondere Antidepressiva sowie Schlaf- und Beruhigungsmittel, deren Verordnung mit dem Alter zunimmt.

   
   
Vorsitz Dirk K. Wolter, Flensburg
  Alexander Brunnauer, Wasserburg a. Inn
   
   
  Verpflichtende Fahreignungsuntersuchungen für ältere Autofahrer? Europäische Regelungen im Vergleich
  Sonja Haustein, Anu Siren, DK-Kopenhagen
   
  Fahreignung älterer Autofahrer - Möglichkeiten und Grenzen der Kompensation
  Michael Falkenstein, Dortmund/Bochum, Melanie Karthaus, Dortmund
   
  Psychopharmaka und Fahrtüchtigkeit im Alter
  Alexander Brunnauer, Wasserburg a. Inn
   
  Beratung zur Fahreignung in der Gedächtnissprechstunde – Erfahrungen mit strukturiertem, individualisiertem Konsensusprozess
  Stefan Spannhorst, Bielefeld

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