Selbstbestimmung am Lebensende von Menschen mit Demenz – eine medizinethische Perspektive

Jakov Gather,
1 Institut für Medizinische Ethik und Geschichte der Medizin, Ruhr-Universität Bochum
2 Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, Ruhr-Universität Bochum

Demenzerkrankungen gehen mit einem zunehmenden Verlust der Fähigkeit zur selbstbestimmten Lebensführung einher. Die Vorstellung, eines Tages möglicherweise selbst an einer Demenz zu erkranken, löst nicht zuletzt deshalb bei vielen Menschen starkes Unbehagen und Ängste aus. Aus medizinethischer Perspektive sind Maßnahmen zur Förderung der Selbstbestimmung von Menschen mit Demenz in allen Krankheitsstadien von hoher Bedeutung.
Im ersten Teil des Vortrags sollen mit Patientenverfügungen und dem sog. advance care planning, einem umfassenderen Konzept der gesundheitlichen Vorausplanung, Instrumente vorgestellt werden, die Patienten die Möglichkeit geben, vor dem Verlust ihrer Selbstbestimmungsfähigkeit Behandlungswünsche auch für späte Krankheitsstadien zu formulieren. Es wird dafür argumentiert, dass Vorausverfügungen geeignete Mittel darstellen, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben und Sterben von Menschen mit Demenz zu fördern.
Im zweiten Teil des Vortrags soll darauf eingegangen werden, dass es auch bei optimaler Ausnutzung aller Möglichkeiten zur gesundheitlichen Vorausplanung Demenzpatienten geben wird, die den selbstbestimmten Entschluss fassen, ihr Leben vorzeitig und vor dem Verlust ihrer Selbstbestimmungsfähigkeit durch Selbsttötung zu beenden, und dabei ggf. ihren Arzt um Unterstützung bitten. Nach der Darstellung von aktuellen nationalen und internationalen empirischen Daten zur ärztlich assistierten Selbsttötung von Menschen mit Demenz werden abschließend ethische Argumente für und gegen eine ärztliche Unterstützung der Selbsttötung von Demenzpatienten diskutiert.

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