Neuropsychiatrische Störungen beim primären Hyperparathyreoidismus
Rainer Wirth,
Klinik für Geriatrie, St. Marien-Hospital Borken
Der primäre Hyperparathyreoidismus (pHPT) ist eine relativ seltene Erkrankung
der Nebenschilddrüsen, deren Prävalenz mit dem Alter jedoch deutlich
ansteigt. Der pHPT ist gekennzeichnet durch eine Entkopplung der feed-back-Regulation
von Parathormon und Serum-Calcium, welche durch eine autonome Parathormonbildung
der Nebenschilddrüse bedingt ist.
Neben dem häufig zufälligen laborchemischen Befund einer Hypercalcämie
stehen beim jüngeren Patienten renale, gastrointestinale und ossäre
Manifestationen ganz im Vordergrund der Symptomatik. Obwohl neuropsychiatrische
Symptome auch bei jüngeren Patienten beschrieben sind, steigt deren Prävalenz
und Bedeutung erst mit dem Alter der Patienten deutlich an und werden hier
quasi zum Leitsymptom der Erkrankung. Die neuropsychiatrischen Symptome des
pHPT können sich insbesondere beim alten Patienten sehr heterogen und
vielschichtig manifestieren. Sowohl depressive Erkrankungen wie auch dementielle
und delirante Syndrome wurden vielfach beschrieben.
Diese Heterogenität führt zu einer besonderen differentialdiagnostischen
Relevanz und Herausforderung in Geriatrie und Gerontopsychiatrie allein dadurch,
dass bei einer gleichzeitig vorliegenden Hypalbuminämie eine Hypercalcämie
maskiert wird und diese Erkrankung hierdurch häufig verspätet oder überhaupt
nicht erkannt und behandelt wird.
Die Therapie der pHPT sollte weiterhin eine primär chirurgische sein.
Jedoch bietet die medikamentöse Therapie mit dem Calcimimetikum Cinacalcet
gerade beim hochbetagten Patienten und in diagnostisch unsicheren Situationen
inzwischen eine wertvolle Alternative.