Tagesstrukturierende körperliche Aktivierung in der klinischen gerontopsychiatrischen Demenzversorgung – das Trainingskarussell: Trainingsprogramm und erste RCT-Ergebnisse
Tim Fleiner,
Sport- und Bewegungsgerontologe (M.A.), Deutsche Sporthochschule Köln
Wiebren Zijlstra, Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie, Deutsche
Sporthochschule Köln
Peter Häussermann, LVR-Klinik Köln, Abt für Gerontopsychiatrie
und -psychotherapie
1. Zielsetzung/Fragestellung
Beobachtungsstudien und Übersichtsarbeiten beschreiben einen direkten
Zusammenhang zwischen körperlicher Inaktivität und einem gesteigerten
agitierten Verhalten bei Demenzpatienten. Den damit verbundenen Forderungen
nach strukturierter körperlicher Aktivierung in der klinischen Demenzversorgung
kommt ein neues Trainingsprogramm nach – das Trainingskarussell.
2. Materialien/Methoden
Im Rahmen der klinischen gerontopsychiatrischen Demenzversorgung wurde den
Patienten der LVR-Klinik Köln dreimal pro Woche die Teilnahme an einem
tagesstrukturierenden Trainingsprogramm angeboten – innerhalb eines Trainingstages
folgten jeweils viermal auf 30 Minuten körperliche Aktivierung eine Ruhephase
von einer Stunde. Ein Pilotprojekt (n=16) prüfte die Machbarkeit im Stationsalltag
und von Patientenseite. Eine aktuell durchgeführte randomisierte-kontrollierte
Studie (n=40) untersucht die Effekte auf Verhaltenssymptome (Neuropsychiatric
Inventory, Cohen-Mansfield-Agitation-Inventory, Clinical Global Impression
of Change), die Bedarfsmedikation, das Bewegungsverhalten (Bewegungssensoren),
die Tagesstruktur (Cortisol-Tagesprofile) und neuroprotektive Wirkmechanismen
(Brain-Derived-Neurotrophic-Factor).
3. Ergebnisse
Den Patienten des Pilot-Projektes konnten durch Überschneidungen im Stationsalltag
84.6% (SD=9.2) der geplanten Trainingseinheiten angeboten werden. Davon nahmen
diese an 68.1% (SD=35.0) teil, was ca. 135 Minuten pro Woche zielgerichteter
körperlicher Aktivität entspricht. Elf Patienten nahmen an 182 Minuten
pro Woche (SD=44.0) und fünf Patienten an 43 Minuten pro Woche teil (SD=35.0).
Neben den Ergebnissen zur Machbarkeit werden erste RCT-Ergebnisse zu Verhaltenssymptomen,
Bedarfsmedikation, Bewegungsverhalten und Tagesstruktur im Rahmen des geplanten
Vortrages vorgestellt.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die körperliche Aktivierung stellt ein Kernelement der klinischen gerontopsychiatrischen
Demenzversorgung dar. Durch die tagesstrukturierende Aktivierung kann ein hohes
Maß an zielgerichteter körperlicher Aktivität erreicht werden – genau
so viel, wie für Patienten ohne kognitive Einschränkung empfohlen
wird. Zu erwartende Effekte auf Verhaltenssymptome und Pflegebelastung tragen
zu einer wichtigen Weiterentwicklung der aktuellen Versorgungssituation dieser
Patienten bei.