„Man kann so schön in Erinnerungen schwelgen...“ Zur Wirkung des Musikhörens auf das emotionale Erleben Demenzbetroffener“
Karsten Kiewitt,
AGUS/GADAT Bildungsgruppe (Akademie für Gesundheits- und Sozialberufe),
Potsdam / Neuruppin
1. Zielsetzung/Fragestellung
Dem vorzustellende Forschungsprojekt lagen folgende Hypothesen zugrunde:
- Das Hören biographisch relevanter Musik aktiviert positive/negative
Emotionen, Erinnerungen und Interaktionsprozesse dementer Personen im mittleren
Erkrankungsstadium.
- Die Ausprägung des durch das Hören biographisch bedeutsamer Musik
angeregten emotionalen Erlebens ist individuell unterschiedlich.
- Das emotionale Ausdrucksverhalten des dementiell erkrankten Menschen beim
Hören von Musik kann Aufschluss geben über die biographische Bedeutung,
die die jeweils gehörte Musik für ihn hat.
2. Materialien/Methoden
Zur Durchführung und Auswertung der Studie wurde eine Methodenkombination
genutzt: Qualitative Erhebung mit 6 Probanden eines stationären Pflegeheims
(Videografierung von Sitzungen, in denen mit ausgewählten Probanden nach
einer festgelegten Struktur Musik gehört wurde.)
Qualitative und Quantitative Auswertung: Transkription der Videosequenzen,
Auswertung mit qualitativer Datensoftware (MAXQDA), Berechnungen in SPSS, Dialogische
Introspektion
3. Ergebnisse
Die Hypothesen wurden bestätigt. Darüberhinaus ergaben sich folgende
Hinweise: biographische Relevanz von Musik ist unterschiedlich intensiv ausgeprägt;
biographische Relevanz von Musik ist immer individuell, allgemeingültige
Aussagen zur biographischen Bedeutung von Musik sind daher nicht möglich;
auch negativ emotional erlebte Musik kann bei Demenzbetroffenen im mittleren
Stadium soziale Interaktion anregen.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Das Hören biographisch bedeutsamer Musik aktiviert Emotionen, Erinnerungen
und soziale Interaktion und unterstützt damit das Wohlbefinden und die
Lebensqualität Demenzbetroffener. Zur Einschätzung der biographischen
Relevanz von Musik ist von den Fachkräften eine individualmusikalische
Perspektive einzunehmen. Darüberhinaus kann in einem geschützten
Rahmen Musik eingesetzt werden, deren biographische Relevanz für Betroffene
den Fachkräften unbekannt ist. Um das emotionale Erleben differenziert
einzuschätzen, ist eine gezielte Beobachtung und Analyse des Ausdrucksverhaltens
der Betroffenen notwendig. Mit Musik arbeitende Fachkräft benötigen
ein interdisziplinäres Kompetenzspektrum.