Antidepressiva bei Demenz
Lutz M. Drach
Klinik für Alterspsychiatrie, Helios-Kliniken Schwerin
Bei Demenzkranken werden Antidepressiva wie SSRI, Mirtazapin, Moclobemid oder
Trazodon gegen Depressionen, Angst, Reizbarkeit, Zwang, Schlafstörungen,
Appetitstörungen oder Agitation eingesetzt. Seitdem durch die Arzneimittelüberwachung
gehäuft Warnungen über erhöhte Sterblichkeit und ein erhöhtes
Schlaganfallsrisiko für Demenzkranke unter Therapie mit Antipsychotika
herausgegeben werden und Zweifel an ihrer längerfristigen Wirksamkeit
bestehen, werden vermehrt Antidepressiva eingesetzt. Auch wegen der vermuteten
besseren Verträglichkeit von SSRI-Antidepressiva (Coupland et al.
2011) nimmt deren Einsatz zu.
Für Enttäuschung sorgte die HTA-SADD Studie, die keine Überlegenheit
von Sertralin und Mirtazapin gegenüber Placebo bei der Behandlung von
Depressionen bei Alzheimer-Patienten fand (Banerjee et al. 2011). Allerdings
erhielten Patienten und Angehörige hier ein umfangreiches Paket von psychosozialer
Unterstützung, das auch in der deutschen Regelversorgung nicht üblich
ist, so dass ein „Deckeneffekt“ vermutet wird. Das Befinden der
pflegenden Angehörigen dagegen war in der HTA-SADD Studie unter Mirtazapin
(für die Patienten) deutlich besser (Romeo et al. 2013)! Ältere randomisierte,
kontrollierte Studien mit Moclobemid (Roth et al. 1996) und Fluoxetin (Petracca
et al. 2001) zeigten eine Wirksamkeit gegen Depressionen bei Demenzkranken
Ü
berwiegend werden Antidepressiva bei Demenzkranken aber in anderen Indikationen
eingesetzt. Für die SSRI-Antidepressiva Citalopram, Escitalopram und Sertralin
sprechen zahlreiche Studien für eine Wirksamkeit gegen Angst, Reizbarkeit
und Unruhe von Demenzkranken. Mirtazapin wirkt gegen den häufigen Gewichtsverlust
Demenzkranker (Segers & Surquin 2012). MAO-Hemmer wie unter anderem. Moclobemid
scheinen Kognition und Verhaltensauffälligkeiten von Patienten mit Frontotemporaler
Demenz zu bessern (Adler et al. 2003). Trazodon zeigte in einer placebokontrollierten
Studie eine gute Wirkung auf Reizbarkeit, Unruhe, Depression und Essstörungen
bei Patienten mit Frontotemporaler Demenz (Lebert et al. 2004). Fallserien
sprechen auch für eine Wirksamkeit der SSRI Sertralin, Paroxetin und Fluoxetin
in dieser Indikation.
Neben der Empfehlung für Trazodon als Hypnotikum für Demenzkranke
in britischen und US-amerikanischen Leitlinien sprechen die Ergebnisse einer
naturalistischen prospektiven Beobachtungsstudie für eine überlegene
Wirkung gegen Reizbarkeit im Vergleich zu allen anderen geprüften Therapien
(Loupez-Pousa et al. 2008).