Herausforderndes Verhalten bei Demenz in Pflegeeinrichtungen: Evaluation eines Tandemprojekts pflegerischer und ärztlicher Leitlinien, "VIDEANT"
Michael Rapp,
Psychiatrische Universitätsklinik der Charite im St. Hedwig Krankenhaus,
Berlin
Yvonne Treusch, Gerontopsychiatrisches
Zentrum, Psychiatrische Universitätsklinik
der Charité im St. Hedwig Krankenhaus, Berlin
Andreas Heinz, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Charité Campus
Mitte, Berlin
Hans Gutzmann, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Krankenhaus Hedwigshöhe,
Berlin
1.
Zielsetzung/Fragestellung
In unserem Projekt wurden die Leitlinien der Amerikanischen Gesellschaften
für Gerontopsychiatrie und Geriatrie zur Verbesserung der Behandlung von
Depressionen und Verhaltenssymptomen in Pflegeeinrichtungen in neun Pflegeinrichtungen
in Berlin implementiert. Unsere Haupthypothese lautete, dass im Vergleich zur
Kontrollstichprobe in Pflegeeinrichtungen mit Leitlinienimplementierung bei
Patienten mit Demenz die Ausprägung von Verhaltenssymptomen und die Verschreibung
von Psychopharmaka sinken.
2. Materialien/Methoden
In unserer kontrollierten, prospektiven Interventionsstudie in Pflegeeinrichtungen
wurden Primärdaten zur Prävalenz und Ausprägung von Verhaltenssymptomen
und Psychopharmakaverschreibungen an einer Stichprobe von 321 Patienten mit
einer mittelschweren bis schweren Demenz in Pflegeeinrichtungen in Berlin
erhoben. In der Interventionsgruppe wurden N = 149, in der Kontrollgruppe
N = 156 Patienten mit einer mittelschweren bis schweren Demenz erfasst. Die
Intervention erfolgte anhand der vorgegeben Leitlinien und umfasste das Training
von Pflegepersonal und Ärzten, ergo- und physiotherapeutische Behandlung,
und einen Telefonliaisondienst.
3. Ergebnisse
Über 90% der demenzkranken Bewohner litten an Verhaltenssymptomen, am häufigsten
an Apathie (80% der Bewohner). 52,1% der demenzkranken Bewohner erhielten Neuroleptika,
29,4% Antidepressiva, und 16,6% Antidementiva. Im Vergleich zur Kontrollgruppe
konnte in der Interventionsgruppe herausforderndes Verhalten der demenzkranken
Pflegeheimbewohner um 8 Punkte auf der Cohen-Mansfield Agitationsskala gesenkt
werden (SMD = - 8.14; 95% KI: -3.24- -12.45; p = .018). Die Anzahl der verschrieben
Psychopharmaka sank jedoch nur gering (p = .048).
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die Implementierung von Leitlinien kann dazu beitragen, in Pflegeeinrichtungen
bei Patienten mit mittelschwerer und schwerer Demenz die Ausprägung
von Verhaltenssymptomen und die Verschreibung von Psychopharmaka zu senken.