Entwicklung der NVL-Demenz
Susanne Weinbrenner,
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin
Einleitung:
Der Begriff Demenz bezeichnet ein klinisches Syndrom. Demenzerkrankungen sind
definiert durch den Abbau kognitiver Funktionen und Alltagskompetenzen bis
hin zu ihrem Verlust mit vollständiger Hilflosigkeit und Abhängigkeit
von der Umwelt. Die Zahl der Menschen, die an einer Form der Demenz erkrankt
sind, wird in Deutschland derzeit auf ca. ein Million beziffert, mit schwankenden
Angaben zwischen 0,8 und 1,3 Millionen Menschen [1-4]. Da Demenzen als schwere
Erkrankungen zu verstehen sind, die in hohem Maße mit Ängsten bezüglich
der Erkrankung bei Betroffenen und Angehörigen assoziiert sind, bedürfen
sie einer sorgfältigen und sektorübergreifenden Langzeitbetreuung.
Das Programm der Nationalen VersorgungsLeitlinien hat zum Ziel, versorgungsbereichübergreifende
Leitlinien zu ausgesuchten Erkrankungen evidenz- und konsensbasiert zu entwickeln
und zu implementieren [5]. Aufgrund der hohen Prävalenz der Demenz und
der gesundheitlichen Bedeutung für die Gesellschaft wurde entschieden,
ein Nationale VersorgungsLeitlinie zum diesem Thema zu entwickeln.
Entwicklung der NVL Demenz:
Seit Februar 2010 wird in Zusammenarbeit mit allen relevanten Fachgesellschaften,
die an der Versorgung von an Demenz-Erkrankten beteiligt sind, an der Erstellung
der NVL Demenz gearbeitet. Als grundsätzliches Ziel der NVL Demenz wurde
innerhalb der Expertengruppe definiert, auf Grundlage der zur Verfügung
stehenden Evidenz eine Verbesserung von Angemessenheit und Frühzeitigkeit
der Diagnose und Differentialdiagnose sowie der Therapie zu erreichen und somit
den Anteil von Patienten mit einer adäquaten Diagnostik und Therapie zu
erhöhen.
In der ersten konstituierenden Sitzung wurde die Repräsentativität
der Gruppe zur Entwicklung der NVL durch die Experten geprüft. Da sowohl
von Seiten der Erkrankten und Angehörigen wie auch von Seiten der Behandelnden Ängste
und Vorurteile gegenüber der Diagnose einer Demenz bestehen, ist bei dieser
Leitlinie die Beteiligung von Patientenvertretern sowie Experten aus dem sozialmedizinischen
und medizinethischen Bereichen sehr wichtig und wird durch eine umfangreiche
Beteiligung gewährleistet.
Der Methodik des NVL-Programms [5] folgend, wurden als Quellleitlinien die
im Jahr 2009 veröffentlichte S3-LL „Demenzen“ der DGPPN und
DGN sowie die aktuelle DEGAM-Leitlinie Nr. 12 „Demenz“ ausgewählt
[6; 7]. Diese dienen insbesondere bei den Kapiteln „Anamnese und Diagnostik“ sowie „Therapie“ als
Grundlage bei der Erstellung. Bei Themen wie „Multi- und Komorbidität“, „Palliativmedizin“ sowie
rehabilitative Aspekten erfolgt eine systematische Aufarbeitung von Primärliteratur.
Bei den einzelnen Kapiteln orientiert sich die NVL an den Erfordernissen der
Versorgung und den aktuell durchgeführten bzw. angebotenen Behandlungsmaßnahmen.
Der Entwicklungsprozess für die NVL Demenz wird durch das Ärztliche
Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag von BÄK,
KBV und AWMF organisiert.
Fazit:
Evidenzbasierte Leitlinien sind ein wesentliches Instrument der Qualitätsförderung
und Transparenz und werden in Zukunft das diagnostische und/oder therapeutische
Handeln zunehmend beeinflussen.
Die Nationale VersorgungsLeitlinie (NVL) Demenz soll Hilfen für die Versorgung
von Patienten mit jeglicher Form einer Demenz in unterschiedlichen Stadien
der Erkrankung sowie für die Unterstützung ihrer Angehörigen
geben.
Auf Grundlage der evidenzbasierten Medizin sollen Empfehlungen zu idealtypischen
Vorgehensweisen gegeben werden, die dem besten Stand der Erkenntnisse aus
Wissenschaft (beste aktuell verfügbare Evidenz) und der Praxis entsprechen. Die NVL
Demenz richtet sich an Ärzte sowie Angehörige nichtärztlicher
Berufsgruppen, die an der Versorgung dieser Personen in allen Sektoren beteiligt
sind.
Literatur:
1. Priester K. Aktuelle und künftige Dimensionen demenzieller Erkrankungen
in Deutschland - Anforderungen an die Pflegeversicherung. Berlin: Wissenschaftszentrum
Berlin für Sozialforschung (WZB); 2004.
2. Ziegler U, Doblhammer G. Prävalenz und Inzidenz von Demenz in Deutschland
- Eine Studie auf Basis von Daten der gesetzlichen Krankenversicherungen
von 2002. Gesundheitswesen 2009;71(5):281-90.
3. Bickel H. Demenzen im höheren Lebensalter: Schätzungen des
Vorkommens und der Versorgungskosten. Z Gerontol Geriatr 2001;34(2):108-15.
4. Bickel H. Demenzsyndrom und Alzheimer Krankheit: Eine Schätzung des Krankenbestandes
und der jährlichen Neuerkrankungen in Deutschland. Gesundheitswesen
2000;62(4):211-8.
5. Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung
(KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften
(AWMF). Nationales Programm für Versorgungs-Leitlinien. Methoden-Report
4. Auflage. 2010 [cited: 2010 Nov 19]. Available from: http://www.versorgungsleitlinien.de/methodik/reports
6. Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde
(DGPPN), Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN). S3-Leitlinie "Demenzen".
2009 [cited: 2010 Jan 20]. Available from: http://www.dgn.org/images/stories/dgn/pdf/s3_leitlinie_demenzen.pdf
7. Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM).
Demenz. DEGAM - Leitlinie Nr. 12. Gekürzte Internetfassung. 2008 [cited:
2010 Jan 20]. Available from: http://www.uni-duesseldorf.de/AWMF/ll/053-021.pdf