Versorgungsrealität des Delirs im Allgemeinkrankenhauses aus konsiliarpsychiatischer Sicht - Defizite in Diagnostik und Therapie als Weiterbildungs- und Schnittstellenproblem
ChristineThomas,
Stefan H. Kreisel
Abteilung für Gerontopsychiatrie, Klinik für Psychiatrie
und Psychotherapie Bethel
Evangelische Krankenhaus Bielefeld
1 . Zielsetzung/Fragestellung
Im psychiatrischen Konsiliardienst machen gerontopsychiatrische Fragestellungen
einen großen Anteil aus, der mit der demographischen Entwicklung noch
weiter zunehmen wird. Psychiatrische Komorbiditäten wirken sich auf den
akuten und chronischen Krankheitsverlauf sowie die Mortalität ungünstig
aus, bei älteren Patienten steigen Autonomieeinschränkungen und der
Pflegebedarf erheblich. Eine adäquate Behandlung gerontopsychiatrischer
Komorbidität ist daher von hohem klinischem und gesundheitsökonomischem
Interesse.
2. Materialien/Methoden
Die Versorgungsrealität einer mittleren Großstadt (Bielefeld 320.000
Einw.) hinsichtlich psychiatrischer Diagnostik in der Somatik wird anhand der
Grundgesamtheit aller psychiatrischer Konsilanfragen in 2008 und 2009 (n= 2117)
dargestellt sowie therapeutische Implikationen und Limitationen reflektiert.
3. Ergebnisse
55% der Konsilanfragen betreffen gerontopsychiatrisches Klientel (<60J.),
18% der Konsile werden für Hochaltrige angefordert (>80J.) 74% der
Anfragen kommen aus internistischen Abteilungen, 15% aus der Chirurgie, 9,5%
aus der Neurologie und 2,5% aus der Neurochirurgie. Das psychiatrische Diagnosespektrum
umspannt organische Psychosyndrome (60%), Depressionen machen 25% aus. Anpassungsstörung
10%. Lediglich 5% der Patienten, für die Konsile angefordert wurden, wiesen
keine psychiatrische Erkrankung auf. Unter den organischen Psychosyndromen
sind 50% Delirien, wobei 30% der Delirien multifaktoriell sind, 15% Delir bei
Demenz F. 05.1, und 20% eine spezifische Ursache haben F 05.8 (z.B. postoperatives
Delir).
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die erhobenen Daten belegen die Häufigkeit gerontopsychiatrische Erkrankungen
und vor allem des Delirs im psychiatrischen Konsiliardienstes des Allgemeinkrankenhauses.
Dennoch sind die chirurgischen Fächer mit einer hohen Delir Häufigkeit
hinsichtlich der Konsiliaranforderung unterrepräsentiert. Hier besteht
weiterhin eine hohe Dunkelziffer.
Ausbildungs Defizite bei Ärzten und Pflegepersonal hinsichtlich des akuten
Verwirrtheitszustandes und das Fehlen eines standardisierten Screenings sind
hierfür verantwortlich. Möglichkeiten der Optimierung der Delirdiagnostik
werden diskutiert.