Theaterarbeit als nicht-medikamentöse Intervention bei Demenz
Stefanie Oberfeld1, Erpho Bell2, Ulrike Kruse3
1Gerontopsychiatrisches
Zentrum, Alexianer Münster GmbH
2Freudige Füße – Ensemble für Kunst mit
Demenschen, Havixbeck
3Alexianer Münster GmbH
1. Zielsetzung/Fragestellung
Das Theaterprojekt "Füreinander-Zueinander-ICH" entwickelt ein Theaterstück über das Beziehungsgeflecht im Leben von Menschen mit Demenzerkrankung und ihren gesunden Partnern. Durch die Übersetzung der Besonderheiten der unterschiedlichen Beziehungsebenen in Spielszenen wird nach dem Verbindenden und Trennenden im Verlauf der Erkrankung gesucht, neue Zugänge zueinander können möglich werden. Die von Beginn an mit geplante öffentliche Aufführung für ein Theaterpublikum soll die Enttabuisierung der Erkrankung unterstützen, ihre Auswirkung auf die Paarbeziehung diskutierbar machen und einen Beitrag zur gesellschaftlichen und kulturellen Teilhabe der betroffenen Familien leisten.
2. Materialien/Methoden
In einem zunächst durchgeführten drei-tägigen Workshop wurden
die Grundlagen für das Theaterspiel erarbeitet. Es folgten weitere Workshops,
in denen das gemeinsame Stück erarbeitet wurde, Proben in den Gruppen
(Erkrankte und Gesunde) sowohl getrennt als auch gemeinsam folgten. Am Ende
stand eine öffentliche Aufführung auf einer professionellen Bühne.
Das Ensemble bestand aus Mitgliedern der Gruppe "Meine Demenz und wir
- Jungerkrankte und ihre Partner". Dabei handelt es sich um ein monatliches
Angebot für Paare, die mit einer diagnostizierten Demenzerkrankung eines
Partners zusammenleben. Dieses schon längere Zeit etabliertes Angebot
hat eine feste Teilnehmergruppe, aus der ein Teil großes Interesse an
gemeinsamer Theaterarbeit zeigte.
3. Ergebnisse
Die Ergebnisse sind am besten anhand von Zitaten der Beteiligten darstellbar:
" Was kann falsch sein an einem Theaterabend mit Hauptakteuren, die schon
lange keinen Applaus mehr bekommen haben?"
1. Erkrankte setzen andere Schwerpunkte: "Ich bin die Königin von
Burgsteinfurt – und fertig!"
2. "I do it my way!" - Die Annahme von Hilfe ist keine Kapitulation.
3. Es gibt noch Worte in mir! - Ich brauche mehr Mut zum Sprechen.
4. Es ist noch Freude in mir!
5. Ich bin Teil einer Gruppe, wir machen etwas gemeinsam!
6. So wie ich es mache, ist es richtig.
7. Andere Menschen nehmen meine(n) erkrankte(n) Partner(in) ernst!
8. Wir spielen alle nur eine Rolle (in unserem Leben)!
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Diese Form der Theaterarbeit ist
gut geeignet zur Auseinandersetzung mit der Erkrankung und der eigenen Rolle.
Die ursprüngliche Beziehung der Paare
lebte neu auf und wurde gestärkt durch die Erfahrung der gegenseitigen
Bedeutsamkeit. Grundsätzliche Ziele einer nicht-medikamentösen Behandlung
(Erhalt von Fähigkeiten, Stärkung des Selbstwertes, Verhinderung
von Isolation und depressivem Erleben) konnten gut erreicht werden. Noch vorhandene
Fähigkeiten und Ressourcen wurden entdeckt. Das Theaterspiel wurde als
Copingstrategie genutzt, was zu einer subjektiven Verbesserung von Lebensqualität,
der Besserung von (Alltags-)Kompetenzen sowie einer verbesserten sozio-kulturellen
Teilhabe führte. Es gab den Paaren ein gewisses Maß an "Normalität" zurück.
Das große Interesse des Publikums an der Aufführung und dem folgenden
Gespräch zeigte, wie wichtig die künstlerisch-kulturelle Form der
Teilhabe als Zugang zur Auseinandersetzung mit der Erkrankung und allgemein
dem demografischen Wandel ist.