Retrospektive Datenanalyse vollendeter Kliniksuizide im Zeitraum von 2008 bis 2019

Ellen Pense, Tillmann Supprian, Julia Christl

Abteilung für Gerontopsychiatrie, LVR Klinikum Düsseldorf

1. Zielsetzung/Fragestellung

Ziel der Untersuchung war, Hinweise auf Risikofaktoren für Suizidhandlungen während eines psychiatrischen Klinikaufenthaltes zu finden. Für diese Präsentation wurde der Fokus auf Unterschiede zwischen gerontopsychiatrischen Patienten mit Alter ab 65 Jahre und jüngere Patienten gelegt. Als Quelle dienten Patientendaten mit vollendeten Suizidhandlungen im Zeitraum 2008-2019. Die Arbeit baute auf der Arbeit "Ein Vergleich von Kliniksuiziden älterer Patienten in den Zeiträumen 1995-2004 und 2005-2014" von Frau Dr. med. Nele Schröder auf.

2. Materialien/Methoden

Es wurde eine retrospektive statistische Datenanalyse vollendeter Kliniksuizide stationärer oder teilstationärer Patienten aller neun psychiatrischen Kliniken des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) in NRW durchgeführt. Als Quellen dienten die Formulare "Besondere Vorkommnisse (BV)". Diese werden u.a. nach erfolgten Suiziden durch die Klinik erstellt und standardisiert von der Verbundzentrale des LVR gesammelt. Als weitere Quelle dienten Protokolle einer Besprechung des Vorkommnisses zwischen den behandelnden Ärzten und unabhängigen Psychiatern der Trägeraufsicht. Folgende Kriterien wurden betrachtet: Jahr, Geschlecht, Alter, Diagnose, Medikation, Methode, Aufenthaltsdauer, Wochentag, Ort des Suizides, mögliche ursächliche Faktoren (einheitlich vorliegend ab 2014), Suizidversuch in der Vergangenheit. Die Auswertung erfolgte mit SPSS-Statistics.

3. Ergebnisse

Im Zeitraum 2008 - 2019 wurden 230 Fälle gesammelt, 48 Patienten waren zum Zeitpunkt des Suizides 65 Jahre alt oder älter. 62,6% der jüngeren und 56,3% der Patienten über 65 waren männlich. Es fanden sich Unterschiede in der Diagnoseverteilung: Affektive Erkrankungen betrafen häufiger die ältere Gruppe (77,1% der Alten und 61% der Jungen x²(1) =6.096, p = 0.014), schizophrene Erkrankungen dagegen häufiger die jüngere (35,2% der Jungen und 10,4% der Alten x²(1) =10,270, p = 0.001). Die Ältere Gruppe besaß häufiger somatische Nebendiagnosen (12,6% der Jungen, 26% der Alten, x²(1) = 5,112 p=0,024). Entsprechend erhielten Ältere weniger oft Antipsychotika (56,6% der Jungen, 39,5% der Alten, x²(1) =4,321, p = 0.038), allerdings nicht häufiger Antidepressiva (59,8% der Jungen, 83,3 der Alten x²(1)=3,002, p=0,083), sowie öfter Schlafmedikation (30,7% der Jüngeren, 54,1% der Älteren, x²(1) =10,981, p = 0.001). In 106 Fällen, 20 davon über 65, wurden mögliche ursächliche Faktoren genannt. Ältere litten oft unter körperlichen Beschwerden (50% der 20 Fälle, 10% von 86 Fällen bei Jüngeren), nur bei Jüngeren kamen psychotisch beeinflusste Suizide vor, der häufigste Faktor dieser Gruppe (19,8%). Die häufigste Suizidmethode beider Altersgruppen war das Erhängen (31,8% der Jungen, 37,5% der Alten). 50% der Jungen und 54% der Alten suizidierten sich innerhalb der ersten vier Wochen des Aufenthaltes. Der Ort des Suizides lag meist außerhalb des Klinikgeländes (75% der Alten, 78,6% der Jungen), dort am häufigsten im häuslichen Umfeld (37,5% der Alten, 27,5% der Jungen). Beide Gruppen wählten am häufigsten den Sonntag, ältere häufiger (37,5 der Alten, 23% der Jungen, x²(1) =4,0984, p=0,043). Bei 25% der älteren und 27% der jüngeren Patienten war ein Suizidversuch in der Vergangenheit bekannt.

4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Im Alter verändert sich die Diagnoseverteilung und damit die Medikation und Faktoren, die zum Suizid beigetragen haben könnten. Beide Gruppen wählten häufig das häusliche Umfeld, Ältere besonders oft den Sonntag, um ihren Suizid zu vollenden. Beide Gruppen taten dies meist innerhalb der ersten Wochen des Aufenthalt.

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