Innovation durch Digitalisierung? Ein Erfahrungsbericht aus dem Projekt "Pflegecoaching für die optimalen Unterstützung von Menschen mit Demenz -PflegeCoDe"

Frank Schwärzler1, Anne Röhm1, Markus Schinle2

1Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik - PP.rt, Reutlingen
2Forschungszentrum für Informatik - FZI, Karlsruhe

1. Zielsetzung/Fragestellung

Digitale Anwendungen zur Verzögerung dementieller Entwicklungen bekommen auch im Bereich der Alterspsychiatrie für Behandler*innen, Patient*innen und deren Angehörige zunehmend Bedeutung. Für die Behandler *innen in den ambulanten und stationären Versorgungssystemen und für die Angehörigen einer steigenden Anzahl von Menschen mit Demenz bietet diese technologische Entwicklung, auch coronabedingt, neue Möglichkeiten. Im Vortrag wird über Erfahrungen und Ergebnisse im Projekts PflegeCoDe berichtet. Im Projektkonsortium sollten IT gestützte technische, medizinische und organisatorische Lösungen in den Bereichen Demenzfrüherkennung, Verlaufsermittlung, Aktivierung und Coaching entwickelt und modular verbunden. werden um den Demenzverlauf bei Betroffenen positiv zu beeinflussen. Durch die Mitwirkung der Klinik für Psychiatrie und Psychosomatik, der Bruderhausdiakonie und der Reutlinger Altenhilfe gGmbH (RAH) im Konsortium war der praktische Anwendungsbezug gewährleistet. Zur Weiterentwicklung des digitalen Screenings und zur Vorbereitung der Markteinführung wird die Akzeptanz und Nachfrage bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern durch ehemalige Konsortialpartner bundesweit erhoben.

2. Materialien/Methoden

In Kooperation mit dem Forschungszentrum für Informatik Karlsruhe und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung Stuttgart wurde ein Modul zur digitalen Demenzdiagnostik entwickelt und getested. Als Basisdiagnostikinstrument wurde der CERAD-plus (Paper-Pencil Test) festgelegt und bei den Probanden (Klinikpatienten der Abteilung Alterspsychiatrie und Pflegeheimbewohner) durchgeführt. Der kognitive Status der Teilnehmer wurde zum Messzeitpunkt t0 erfasst und die Patienten wurden auf dieser Grundlage drei Gruppen (Gesunde, MCI und Menschen mit Demenz) zugeteilt. Die im Projekt entwickelten digitalen Tests wurden dann mit der normierten Papier & Bleistiftversion verglichen. Im Anschluss wurden bei einer zweiten Messung nach sechs Monaten (t1) diejenigen Tests identifiziert, die sich als veränderungssensitiv hinsichtlich einer dementiellen Entwicklung zeigten. Die Stimmung und die Technikerfahrung wurden als Kontrollvariable mitgeführt.

3. Ergebnisse

Zum Testzeitpunkt T0 lagen Daten von 57 Testpersonen (67% PP.rt Patienten, 33% BHD/RAH Bewohner) vor. Es zeigten sich signifikante Korrelationen zwischen drei Papier & Bleistift-Tests und den ins digitale übertragenen bzw. einem neu entwickelten digitalen Test. Das Ergebnis deutet auf eine hohe Konstruktvalidität hin. Hinsichtlich der Verlaufsmessung ist die Aussagekraft deutlich eingeschränkter zu bewerten, da die Dropoutrate je nach Test relativ hoch war. Lediglich in einem digitalen Test (Labyrinthaufgabe) zeigte sich eine signifikante Interaktion zwischen Gruppe und Testzeitpunkt. Dies deutet möglicherweise auf eine sensible Domäne hinsichtlich einer dementiellen Entwicklung hin.

4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Die Ergebnisse sind bislang nicht ausreichend, um eine genügend große Anzahl an digitalen Tests zu identifizieren, die zur Erfassung einer dementiellen Entwicklung nötig wären. Die Testinstrumente müssen weiter entwickelt und bei einer sehr viel größeren Anzahl von Patienten und Heimbewohnern getestet werden. Um die Akzeptanz der digitalen Gesundheitsanwendungen im Bereich der Allgemeinmedizin zu erheben wird aktuell von ehemaligen Konsortialpartnern eine Fragebogenehebung durchgeführt. In Abhängigkeit vom Ergebnis ist die Weiterentwicklung und Anwendung in den Bereichen der Therapie, Prävention und Selbsthilfe angestrebt.

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