Beratung für Menschen in Frühstadien einer Alzheimer-Erkrankung bzw. im Rahmen einer Demenzvorhersage

Katrin Radenbach1, Julia Perry2

1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsmedizin Göttingen
2Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Göttingen

1. Zielsetzung/Fragestellung

Aktuell sind weltweit ca. 47 Mio. Menschen von einer Demenz betroffen, in Deutschland ca. 1,6 Mio. Durch die steigende Lebenserwartung und den demographischen Wandel wird in den nächsten Jahren eine erhebliche Zunahme von Demenzerkrankungen in unserer Gesellschaft erwartet. Biomarker ermöglichen die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung bereits viele Jahre vor dem Auftreten erster klinischer Symptome. Es besteht ein großes gesellschaftliches sowie wissenschaftliches Interesse an der Prädiktion und Frühdiagnose einer Alzheimer-Demenz. Allerdings fehlen für diesen Kontext konkrete zielgruppengerechte, qualitätsgesicherte, niederschwellige und flexible Informations- und Beratungsangebote. Unser Forschungsvorhaben "Gut beraten: Neue multimodale und standardisierte Beratungsmodelle für Menschen im Frühstadium einer Alzheimer-Erkrankung bzw. im Rahmen einer Demenzvorhersage" will dazu beitragen, diese Lücke zu schließen und dabei an bereits bestehende internationale und nationale Beratungskonzepte zur frühen Diagnose der Alzheimer-Erkrankung anknüpfen.

2. Materialien/Methoden

Im Rahmen des Modellprojekts werden Beratungsmaterialien, -settings und ein Fortbildungsmodul (in Anlehnung an in der S3-Leitlinie "Demenzen" von 2016 geforderten Demenzberatende) inkl. telemedizinischer Inhalte für den Kontext der Diagnostik einer Alzheimer-Erkrankung im Frühstadium bzw. einer Demenzvorhersage entwickelt und erprobt. Es handelt sich um ein patient*innenorientiertes Forschungsprojekt mit dem Ziel, die Beratung von betroffenen Personengruppen zu verbessern und weiterzuentwickeln. Beispielsweise existiert seit Januar 2021 seitens der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen das regelmäßige Angebot einer telefonischen Beratung für Personen mit beginnenden Gedächtnisstörungen und besorgte Angehörige. Die Beratungsgespräche durch dieses "Informations- und Beratungstelefon"werden durch das Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Göttinen evaluiert. Weiterhin wird innerhalb des Projekts ein Prototyp einer allgemeinzugänglichen Webplattform mit relevanten Informationen gestaltet. Des Weiteren werden Umfang und Kosten eines solchen Beratungsangebots genauer erhoben, um sozialrechtliche Fragen, Fragen der Finanzierung und Zuständigkeitsfragen konkret zu erfassen.

3. Ergebnisse

In diesem Vortrag sollen das Modellprojekt sowie erste Erkenntnisse aus der Evaluation des Informations- und Beratungstelefons vorgestellt werden.
Die wissenschaftliche Evaluation zielt auf die Verständlichkeit sowie auf die empfundene Zufriedenheit der Betroffenen mit der telefonischen Beratung ab. Für die Evaluation des Gesprächs wird im telefonischen Interview ein teil-standardisierter Fragebogen mit 28 Frage-Items genutzt, der sich besonders dafür eignet, die passenden Dimensionen der Beratung abzuklären sowie Hypothesen zur Anpassung der Beratung zu formulieren. Beratungsangebote sind derzeit weder hinreichend verfügbar noch standardisiert. Insgesamt müssen Qualitätsstandards und Strategien zur Kompetenzentwicklung für die Beratung erarbeitet werden, wozu die Evaluation einen ersten konkreten Beitrag leistet.
Erste Erkenntnisse beziehen sich auf die individuellen Bedürfnisse bzgl. Beratung, auf potentielle Sorgen und Ängste im Kontext früher Gedächtnisprobleme, abgeleitete Handlungsschritte sowie auf empfundene Be- oder Entlastung durch das Gespräch und auf offen gebliebene Fragen.

4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Das Modellprojekt und die ersten Erkenntnisse aus der Evaluation des Informations- und Beratungstelefons sollen im Rahmen des Vortrags reflektiert und diskutiert werden. Dies soll zur Weiterentwicklung eines geeigneten patient*innenorientierten Beratungangebots sowie von sinnvollen Ansätzen zur Evaluation von Beratung im Kontext von Früherkennung und Prädiktion dienen.

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