Stationsäquivalente Behandlung als neue Versorgungsform in der Gerontopsychiatrie

Stefan Spannhorst, Sarah Weller, Christine Thomas

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie für Ältere (KPPÄ), Klinikum Stuttgart

1. Zielsetzung/Fragestellung

Seit 2018 ist es nach SGB V psychiatrischen Kliniken möglich, eine aufsuchende Akutbehandlung anzubieten, die sogenannte Stationsäquivalente Behandlung (StäB). Die Zielsetzung, die gesetzlich erforderliche Dokumentation, die Organisation und die deutlichen Vorteile einer aufsuchenden gerontopsychiatrischen Akuttherapie durch StäB gegenüber der vollstationären Klinikbehandlung werden aufgezeigt. Das Spektrum an Erkrankungen der seit 2018 bis heute an der KPPÄ durch StäB behandelten über 200 Patienten wird dargestellt. Die Teamstruktur und erforderliche logistische Überlegungen für eine erfolgreiche Durchführung von StäB für gerontopsychiatrische Patienten werden erläutert.


2. Materialien/Methoden

Literaturbasierte Darstellung der Hintergründe aufsuchender gerontopsychiatrischer Arbeit als Rahmensetzung für StäB.
Deskriptive Darstellung der Arbeit in gerontopsychiatrischer StäB am Klinikum Stuttgart mit zahlreichen Fallbeispielen und einer statistischen Übersicht über Fallzahl und Diagnosensperktrum der Behandlungen im Zeitraum 2018-2019.
Praxisbeispiele zur Erläuterung spezieller Herausforderungen der zugehenden Arbeit unter besonderer Berücksichtigungen der Arbeit seit 2020 während der andauernden Coronapandemie.


3. Ergebnisse

In den Jahren 2018 bis 2019 wurden 185 Patienten in StäB behandelt, davon die Mehrzahl mit einer Demenz. Häufigste Hauptdiagnose war dabei das Delir bei Demenz (35,7%), gefolgt von Verhaltensstörungen bei Demenz (27,0%) und nicht-organisch affektiven Störungen (15,1%; in der Mehrzahl Depressionen). In geringerem Umfang wurden Patienten mit organisch-wahnhaften Störungen (9,2%) und organisch-affektive Störungen (8,1%) behandelt. Den kleinsten Anteil am Diagnosenspektrum wiesen Paranoide Schizophrenien auf (4,9%). Gesetzlich verlangt wird eine Akutität der Behandlungsindikation vergleichbar einer stationären Behandung. Das multiprofessionelle Team muss eine fundierte psychiatrische wie somatische Behandlungserfahrung besitzen. Die Dokumentation über die Passung des Behandlungsortes, Häufigkeit und Dauer der Besuche und der Nachweis der Behandlungsakuität ist aufwendig. Optimierte Fahrtzeiten und -routen sind essentiell.


4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Auch bei oft multimorbiden gerontopsychiatrischen Patienten ist die aufsuchende Statioonsäquivalente Behandlung (StäB) möglich und oft sogar einer stationären Klinikbehandlung vorzuziehen. Die Einbeziehung des sozialen Umfeldes in die Behandlung und eine an konkreten Gegebenheiten vor Ort orientierte Verhaltenstherapie sind von immensem Vorteil, zumal Ortswechel Delirien begünstigen. Eine stringente Logistik und Routenplanung sind dabei ebenso gefordert wie die fachliche Kompetenz, Eigenständigkeit und zugleich Kooperationsfähigkeit der Teammitglieder (aus Medizin, Pflege, Ergotherapie, Sozialarbeit). Ein breites Spektrum an akuten Erkrankungen in Häuslichkeit und Heimbereich kann erfolgreich behandelt werden. Es zeigen sich Vorteile und manche Herausforderungen.

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