Sarkopenie in der Gerontopsychiatrie - Neuland für eine Alterserkrankung?

Tobias Morat1, Esther Sperlich2, Rieke Trumpf2, Wiebren Zijlstra1, Peter Häussermann2, Tim Fleiner2

1Deutsche Sporthochschule Köln, Köln
2Arbeitsgruppe "Gerontopsychiatrie in Bewegung", LVR-Klinik Köln

1. Zielsetzung/Fragestellung

Sarkopenie ist eine altersbedingte fortschreitende Erkrankung der Skelettmuskulatur, die mit negativen Folgen wie Einschränkungen im Alltag, Stürzen und einer erhöhten Mortalität einhergehen kann. Bislang gibt es keine Informationen zur Diagnostik und Prävalenz der Sarkopenie in der Gerontopsychiatrie. Das Ziel dieser Studie war es, einen Sarkopenie-Screening-Algorithmus in eine gerontopsychiatrischen Klinik zu implementieren und die Prävalenz zu analysieren.

2. Materialien/Methoden

Es wurde eine Querschnittsstudie über drei Monate in einer gerontopsychiatrischen Klinik durchgeführt, für die alle stationär aufgenommenen PatientInnen mit der Diagnose Demenz, Depression oder Delir hinsichtlich der Einschlusskriterien untersucht wurden. Mittels des aktuellen Screening-Algorithmus der °Europäischen Arbeitsgruppe für Sarkopenie bei älteren Menschen 2? (EWGSOP2) wurde zunächst der klinische Eindruck der Gebrechlichkeit und der Sarkopenie beurteilt (mittels Sarc-F Fragebogen), anschließend die Muskelkraft (über den Handgriffkrafttest und den Aufstehtest), die Muskelmasse (via bioelektrischer Impedanz- Analyse) und schließlich die funktionelle Leistungsfähigkeit (Ganggeschwindigkeit, Short Physical Performance Battery, Timed-Up-and-Go Test, 400m-Gehtest).

3. Ergebnisse

Nach Prüfung der Einschlusskriterien bei 301 PatientInnen wurden 164 PatientInnen: 80 mit Demenz, 67 mit Depression und 17 mit Delir eingeschlossen. Die Messung der Handgriffkraft, der Ganggeschwindigkeit sowie der Muskelmasse waren mit der Stichprobe gut durchführbar. Bei 34 PatientInnen (22 weibliche) ließ sich der EWGSOP2 Screening-Algorithmus wie empfohlen bis zu Ende durchführen, bei 26 Personen wurde auf dieser Basis eine Sarkopenie festgestellt. Die PatientInnen waren im Durchschnitt 78,9 ± 7,7 Jahre alt (Minimum: 61 Jahre, Maximum: 93 Jahre). Die weitere Analyse ergab eine geschätzte Sarkopenie-Prävalenz von 65% bei PatientInnen mit Demenz und 36% bei PatientInnen mit Depression. Für Personen mit Delir konnten keine Ergebnisse berechnet werden.

4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Dies ist die erste Erhebung zur Diagnostik und Prävalenz von Sarkopenie in der Gerontopsychiatrie. Der EWGSOP2-Screening-Algorithmus scheint in den Abläufen einer gerontopsychiatrischen Klinik gut anwendbar zu sein. Die hohen Prävalenzraten heben die weite Verbreitung der bislang noch wenig erfassten Erkrankung hervor. Ein gezieltes Sarkopenie-Screening in der Gerontopsychiatrie kann dazu beitragen, besonders frühzeitig adäquate Behandlungs- und Therapiemaßnahmen einzuleiten, um dadurch die Behandlung von körperlichen und neuropsychiatrischen Symptomen der PatientInnen zu verbessern.

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