Machen Benzodiazepine dement?
Dirk K. Wolter
Abteilung Gerontopsychiatrie und Psychotherapie der LVR-Klinik Bonn
Die Frage, ob Benzodiazepine (BZD)
das Demenzrisiko erhöhen, wird kontrovers diskutiert. Einerseits können
BZD die Lernfähigkeit und weitere neuropsychologische Funktionen beeinträchtigen,
wodurch langfristig die kognitive Reservekapazität vermindert und damit
eine Demenz früher manifest wird. Es kann davon ausgegangen werden,
dass die kumulative Dosis hierfür von Bedeutung ist. Dosierung, Dauer,
Art des BZD und Regelmäßigkeit der Einnahme lassen sich jedoch
für lange Zeiträume kaum zuverlässig erheben.
Andererseits werden BZD häufig zur Behandlung von Symptomen eingesetzt,
die als Frühsymptome einer (Alzheimer-) Demenz der kognitiven Beeinträchtigung
und damit der Diagnose lange vorausgehen können, d. h. dass die Demenz
nicht Folge der BZD-Medikation wäre, sondern umgekehrt. Eine Besonderheit
stellen hierbei Schlafstörungen dar, die im Sinne wechselseitiger Beeinflussungen
nicht nur ein Demenz-Frühsymptom darstellen, sondernumgekehrt auch die
Alzheimer-Pathologie fördern können.
Aus der Grundlagenforschung gibt es Hinweise auf neuroprotektive Effekte von
BZD, indem sie die neurobiologischen Auswirkungen von Stress abmildern. Hingegen
gibt es keine Hinweise auf die Verursachung struktureller Hirnveränderungen
durch BZD.
Die skizzierten Mechanismen mischen und überlagern sich in epidemiologischen
Studien, was die teilweise widersprüchlichen Ergebnisse zum Zusammenhang
von Demenzrisiko und BZD-Medikation plausibel macht.
Aus den ungünstigen neuropsychologischen Effekten der BZD ist für
den klinischen Gebrauch – v. a. im höheren Alter – die Schlussfolgerung
abzuleiten, dass die Dosis niedrig gehalten und Substanzen mit Kumulationsrisiko
vermieden werden müssen und dass die Behandlungsdauer kurz gehalten werden
sollte.