Konzeption im Wandel: Von der Alzheimer Demenz zur Alzheimer Krankheit

Frank Jessen,
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Fakultät, Uniklinik Köln

Die klinisch-syndromale Konzeption der Alzheimer Krankheit basiert auf Kriterien der 1980iger Jahre als noch keine Biomarker für die zugrunde liegende molekulare Pathophysiologie verfügbar waren. Zu dem Zeitpunkt war die Alzheimer Pathologie nur post-mortem diagnostizierbar. Zu Lebzeiten des Patienten konnte lediglich eine Verdachts- bzw. Ausschlussdiagnose gestellt werden. Die erfolgreichen Entwicklungen von Biomarkern, zunächst im Liquor und im Anschluss auch als molekulare PET-Bildgebungsmarker haben zu einem grundlegend anderen Verständnis der Erkrankung geführt. Wir wissen heute, dass (1) bei 10-30% der Patienten mit der typischen Symptomatik einer Alzheimer Demenz keine Alzheimer Pathologie vorliegt, (2) atypische Varianten der Alzheimer Krankheit existieren, die in der klinischen Präsentation z.B. fronto-temporalen Demenzen sehr ähnlich sind und (3) der pathophysiologische Prozess der Alzheimer Krankheit viele Jahre vor der Demenz beginnt, was die Möglichkeit der Krankheitsprädiktion und Frühintervention eröffnet. Die erhebliche klinische Relevanz, die sich aus diesen Erkenntnissen ergibt, hat dazu geführt, dass in aktuellen Forschungskonzepten die Alzheimer Krankheit nur noch pathophysiologisch definiert und durch Biomarker entsprechend diagnostiziert wird. Die klinische Ausprägung definiert das Stadium der Erkrankung, nicht aber die Erkrankung an sich. Dies ist ein grundlegender Konzeptwandel, der weitreichende Konsequenzen für Diagnostik, Therapie und Versorgung in der Zukunft haben wird. In dem Vortrag wird der aktuelle Stand der Konzeptentwicklung vorgestellt.

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