Altersdepression in der ambulanten Versorgung: Ergebnisse der cluster-randomisierten kontrollierten Interventionsstudie GermanIMPACT
Michael Hüll,
Klinik für Alterspsychiatrie und Psychotherapie, Zentrum für
Psychiatrie Emmendingen
L. Hölzel, F. Bjerregaard,
Universitätsklinikum Freiburg Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie,
Freiburg
T. Kloppe, S. Boczor, M. Scherer, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg
W. Niebling , A. Kotterer, I. Tinsel , Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische
Fakultät, Albert-Ludwig-Universität Freiburg Lehrbereich Allgemeinmedizin,
Freiburg
C. Brettschneider, H. - H. König, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf
Zentrum für Psychosoziale Medizin Institut für Gesundheitsökonomie
und Versorgungsforschung, Hamburg
C. Bleich , M. Härter , Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Zentrum
für Psychosoziale Medizin Institut und Poliklinik für Medizinische
Psychologie, Hamburg
Zielsetzung/Fragestellung
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen
bei älteren Menschen und sind mit gravierenden Verlusten der Lebensqualität
verbunden. GermanIMPACT ist die deutsche Adaption des amerikanischen IMPACT
Modells, für das positive Effekte eines Collaborative-Care-Ansatzes zur
Verbesserung der hausärztlichen Versorgung depressiver älterer Menschen
belegt sind. Die hier vorgestellte Studie prüft, ob die Versorgung nach
dem IMPACT-Modell einer üblichen hausärztlichen Versorgung in Deutschland überlegen
ist.
Materialien/Methoden
Die Universitätskliniken Freiburg
und Hamburg führten eine cluster-randomisierte kontrollierte Interventionsstudie
mit Hausarztpraxen durch. Das GermanIMPACT Programm beinhaltet im Wesentlichen
eine telefongestützte Intervention mit Elementen der Psychoedukation,
des Therapiemonitorings sowie eines Problemlösetrainings, die von geschulten
Therapiebegleiterinnen (hier Krankenschwestern) unter Supervision von Psychiatern/Psychotherapeuten
durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Patienten mit mittlerer depressiver
Symptomatik (Patient Health Questionnaire [PHQ-9-Wert: 10 - 14]). Ausschlusskriterien
waren psychiatrische Komorbiditäten, aktuelle Psychotherapie und starke
kognitive Einschränkungen. Die statistische Analyse erfolgte mit den Endpunkten
Response und Remission der Depression anhand des PHQ-9 Wertes nach dem Intention
to Treat-Prinzip. Zusätzlich erfolgte eine Evaluation der Therapiebegleitung
mittels einer schriftlichen Befragung der Patienten der Interventionsgruppe
nach Beendigung der Intervention
Ergebnisse
71 Hausarztpraxen schlossen 248
Patienten (Interventionsgruppe IG=139 und Kontrollgruppe KG=109) ein. Der
Anteil der Frauen lag bei 77,4% (n=192), das mittlere Alter betrug 71,3 Jahre
(±7,6). In der IG betrug der mittlere PHQ-9-Wert zur Baseline 10,7
Punkte und war damit signifikant (p=0,038) höher als in der KG (9,7).
Nach der Intervention lagen der mittlere PHQ-9 Wert bei 8,13±0,37
in der Interventions- und bei 9,38±0,3 in der Kontrollgruppe. Nach
einem Jahr befanden sich 25,6% der Patienten der IG in Remission (PHQ-9-Wert < 5
Punkte). In der KG betrug dieser Anteil 10,9% der Patienten (p=0,004). Die
Zufriedenheit mit der Intervention (Skala 0-4) war sehr hoch (Mittelwert=3,7
[±0,7]).
Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die Intervention zeigt eine doppelt
so hohe Remissionsrate in der IG im Vergleich mit der KG und wurde von den
Patienten gut aufgenommen Insgesamt waren die Remissionsraten in beiden Gruppen
jedoch niedrig und die Prävalenz von chronifizierten depressiven Erkrankungen
bei älteren Menschen hoch. Die Einführung des IMPACT-Programms
in die Routineversorgung in Deutschland kann signifikante klinische Vorteile
für Patienten mit einer mittelschweren Depression bedeuten.