Qualitätssteigerung durch maßgeschneiderte Dokumentation: Evidenzbasierte Versorgungs- und Hilfeplanung im Sozialen Dienst einer Krankenkasse
Alessa Peitz,
Institut für
angewandte Sozialwissenschaften (IfaS), Stuttgart
Maren Häussermann, Institut
für angewandte Sozialwissenschaften, Stuttgart
Susanne Schäfer-Walkmann, Institut für angewandte Sozialwissenschaften
und DHBW Stuttgart, Fakultät Sozialwesen, Stuttgart
1. Zielsetzung/Fragestellung
Das Spannungsfeld von Anspruch und Wirklichkeit
einer evidenzbasierten Versorgungs- und Hilfe-planung ist bezeichnend für ein kooperatives Forschungsprojekt
von IfaS Stuttgart und Mitarbeiten-den des Sozialen Dienstes einer Krankenkasse.
Im Zusammenhang mit der Neukonzeptionierung des Sozialen Dienstes ist u.a.
das gesamte Dokumentationsinstrumentarium der Sozialen Arbeit auf den Prüfstand
gestellt und gemeinsam ein neuer Versorgungs- bzw. Hilfeplan entwickelt worden,
der zwischenzeitlich landesweit eingesetzt wird. Der Soziale Dienst der Krankenkasse
erbringt wichtige Leistungen in unterschiedlichen Handlungsfeldern mit dem
vorrangigen Ziel, stabile Gesamtversor-gungslagen bei Versicherten mit anhaltendem
Leistungsbedarf herzustellen. Das Forschungsprojekt hat die Aufgabe, ein einheitliches
Dokumentationsinstrumentarium für die sozialarbeiterische Versor-gungs-
und Hilfeplanung zu entwickeln und zu validieren, welches die Systematik des
ICF aufgreift und die disziplinären Bezüge zur Sozialarbeitswissenschaft
herstellt. Gleichzeitig sollen sämtliche Teile möglichst anwendungsfreundlich
sein und trotzdem differenziert die Leistungen der Sozialen Arbeit in der Steuerung
von komplexen Versorgungsarrangements adäquat abbilden und außerdem
mit der unternehmensspezifischen Leistungsdatenerfassung kompatibel sein.
2. Materialien/Methoden
Das Instrumentarium beinhaltet eine systematische,
sozialpädagogische
Situationsanalyse, ein In-strument zur Zielformulierung und Maßnahmenplanung
sowie ein Evaluationsinstrument der Ziele.
Die Entwicklung und Einführung des neuen Dokumentationsinstrumentariums
erfolgt sukzessive, wobei der flächendeckenden Einführung jeweils
eine Testphase vorangestellt wird, um eine Validie-rung des neuen Instrumentariums
vorzunehmen. Dazu werden Mitarbeitende des Sozialen Dienstes aller Bezirksdirektionen
für die Testung rekrutiert, die auf das entwickelte Testinstrumentarium
ge-schult werden und es anschließend unter Echtzeitbedingungen im Arbeitsalltag
bei allen Klient/innen anwenden. Die fortlaufende formative Evaluation des
Instruments während der Testphase besteht aus teilstandardisierten, telefonischen
Befragungen der RaterInnen zu verschiedenen Zeitpunkten, qualitativen und quantitativen
Fallanalysen und Gruppendiskussionen. Dabei geht es vor allem um fachliche
Einschätzungen, Praktikabilität, Dokumentationsqualität und
Funktionalität des Versor-gungsplans/Hilfeplans. Der standardisierte Datenfluss
lässt notwendige Adaptionen bereits während der Testphase zu, sodass
nach Abschluss der Testphase zeitnah das validierte Erhebungsinstrument vorliegt.
3. Ergebnisse
In der Summe ist es gelungen, die Komplexität des Leistungsspektrums
der Sozialen Arbeit hand-lungsfeldübergreifend abzubilden und theoretisch-disziplinär
zu verankern. Neben standardisierten Feldern leiten kategorisierte Freitextfelder
die Anwender durch das Dokumentationsinstrumentarium.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Weitere Erkenntnisse sind: 1.) Wichtig ist eine gute Schulung derjenigen, die
mit dem Instrumentarium arbeiten sollen. Dabei geht es nicht nur um die rein
instrumentelle Anwendung, sondern auch um die theoretisch-disziplinäre
Verortung. 2.) Widerstände gegen neue Dokumentationsverfahren sind die
Regel. In der Anwendungspraxis spielt jedoch der Faktor Routine eine nicht
zu unterschätzende Rolle. 3.) Durch maßgeschneiderte Dokumentation
steigert sich die Versorgungsqualität. Außerdem erhöht sich
die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, wenn die erbrachten Leistungen fachlich
dokumentiert werden.