Mein Haus – mein Auto – meine Nachbarschaft – meine Arzttermine– Zusammenhänge zwischen Umgebungsfaktoren des Wohnortes und dem Inanspruchnahmeverhalten älterer psychisch erkrankter Patienten
Friederike
Tornau,
LWL-Institut für Seelische Gesundheit, LWL-Universitätsklinikum für
Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, Ruhr-Universität
Bochum
Georg Juckel, LWL-Universitätsklinikum für Psychiatrie, Psychotherapie und Präventivmedizin, Ruhr-Universität Bochum, Bochum
1. Zielsetzung/Fragestellung
Das Inanspruchnahmeverhalten von psychisch erkrankten älteren Patienten,
erfordert allein schon aufgrund ihrer auch zukünftig zunehmenden Zahl,
eine genauere Betrachtung.
Die Forschung zeigt, dass Personen in unterschiedlichen sozioökonomischen
und kulturellen Umgebungen differenzierbares Hilfesuchverhalten zeigen. Die
vorliegende Studie betrachtet gleichzeitig sozioökonomische und -kulturelle
Faktoren des Wohnortes in Verbindung mit der Nutzung des Gesundheitssystems
von gerontopsychiatrischen Patienten in zwei Fokusregionen in Westfalen-Lippe.
2. Materialien/Methoden
Die Analyse verwendet Patientendaten der Gesetzlichen Krankenkassen (Datenbasis:
Kassenärztliche Vereinigung Westfalen Lippe KVWL) und kleinräumige
Regionaldaten der Stadt Bochum und des Landkreises Gütersloh (Westfalen-Lippe,
NRW). Die resultierende Datenbank überschaut eine Zeitspanne von fünf
Jahren und enthält Daten von über 20.000 Patienten im Alter von über
60 Jahren aus heterogenen Regionen in Westfalen-Lippe (Stadt Bochum und Landkreis
Gütersloh). Deskriptive Analysen wurden anhand zufällig gezogener
disjunkter Stichproben mit oder ohne psychische Störungen durchgeführt.
Weiterhin erfolgten Gruppenvergleiche von Patienten mit verschiedenen somatischen
Erkrankungen. Varianzanalytische Betrachtungen verschiedener Erkrankungen,
Komorbiditäten sowie Altersgruppen schlossen sich an.
3. Ergebnisse
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Faktoren des Wohnortes zusätzlich
zu regionalen demographischen Strukturen, somatischen Erkrankungen und komorbiden
psychiatrischen Diagnosen deutlichen Einfluss auf das Inanspruchnahmeverhalten
von gerontopsychiatrischen Patienten haben. Dies scheint nach Art der psychischen
Erkrankung, Komorbiditäten und Schweregrad zu variieren.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Um den genauen Ursprung dieser Unterschiede auf Individualebene zu ermitteln,
sollten weitere an Patienten ausgerichtete Studien durchgeführt werden,
da die vorliegende Studie sich lediglich auf regionale Strukturen und große
Patientengruppen bezieht. Aufbauend auf der Kombination dieser Erkenntnisse
bestünden bessere Aussichten greifende Einflussmöglichkeiten zu
entwickeln. Die Studienergebnisse fordern weiterhin zu einer besseren Vernetzung
der an der Versorgung alternder Menschen beteiligten Professionen in der
alltäglichen Arbeit auf. Weiterhin lässt sich aus den Resultaten
schlussfolgern, dass eine deutlichere Beachtung der regionalen Faktoren zusätzlich
zu den jeweils prognostizierten demographischen Strukturen unabdingbar ist,
um künftiges Patientenaufkommen vorherzusagen und zukünftigen Patientenbedürfnissen
gerecht zu werden.