Wege zur Positivdiagnostik der AD - Entwicklung neuer Kriterien, Biomarker und neurobiologische Hintergründe

Harald Hampel,
Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
Goethe-Universität Frankfurt


1. Zielsetzung/Fragestellung
Basierend auf den traditionellen klinischen Diagnosekriterien stellt die Diagnose einer Alzheimer Demenz (AD) eine Ausschlussdiagnose dar. Dies ist vor allem dem breiten Spektrum des klinischen Demenzsyndroms geschuldet, das sich phänomenologisch mit den Syndromen bei Demenzerkrankungen anderer Ätiologie teilweise überlappt, sowie dem Fehlen von eindeutigen diagnostischen Markern, die eine Positivdiagnose erlauben würden. Die rasanten Fortschritte der Bildgebungs- und Biomarkerforschung der letzten Jahre haben dieses Bild aber weitgehend verändert und wirken sich nicht nur auf unser heutiges Verständnis der pathophysiologischen Grundlagen der AD aus, sondern münden mittlerweile auch in eine Neudefinition der diagnostischen Kriterien der AD, die sowohl von europäischen als auch von US-amerikanischen Gruppen aktuell vorangetrieben wird. Auch nationale Leitlinien, wie die aktuelle S3 Leitlinie Demenzen sehen die Verwendung von diagnostischen Biomarkern bei entsprechenden Fragestellungen bereits heute explizit vor.
2. Materialien/Methoden
Eine systematische Datenbankabfrage und Analyse der aktuellen Literatur, nationaler und internationaler Leitlinien der Fachgesellschaften sowie Zusammenfassung eigener aktueller Arbeiten zu diesem Thema.
3. Ergebnisse
Die Liquor-basierten Biomarker Aß1-42, Gesamt-Tau und Phospho-Tau Protein sind mittlerweile in großen multinationalen und multizentrischen klinischen Studien als diagnostisch wertvolle Biomarker validiert worden, die mit einer Spezifität und Sensitivität von bis zu 90% Patienten mit einer AD gegenüber altersgleichen Gesunden korrekt klassifizieren können. Die Hippokampusvolumetrie ist als Goldstandard unter den strukturellen bildgebenden diagnostischen Methoden validiert worden. Messungen der regionalen Glukoseaufnahme mit Hilfe der FDG-PET sowie neuerdings die bildgebende Darstellung fibrillärer Amyloidproteinablagerungen im Gehirn (PiB-PET), die jedoch nur an wenigen speziell ausgerüsteten Zentren verfügbar ist, können die Früh- und Differentialdiagnostik der AD ebenfalls weiter unterstützen. Die Anwendung der FDG-PET wird von der S3 Leitlinie bei besonderen differentialdiagnostischen Fragestellungen empfohlen. Alle genannten Biomarker sind Bestandteil neuer, revidierter Diagnosekriterien der AD, die beginnende Störungen des episodischen Gedächtnisses in Kombination mit einem oder mehreren positiven Biomarkerbefunden für die Diagnose von Prodromalstadien einer AD voraussetzen.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die Biomarkerforschung hat die diagnostischen Möglichkeiten im Rahmen der Demenzdiagnostik erheblich erweitert und diese haben nach einem Prozess umfangreicher Prüfung und Validierung bereits Eingang die Empfehlungen der Leitlinien gefunden. Weitere Biomarker sind derzeit in der Entwicklung, die durch Einfachheit in der Handhabung und geringe Invasivität (z.B. in Form von Bluttests) die Anwendung von diagnostischen Biomarkern in der klinischen Praxis der Demenzdiagnostik in Zukunft noch weiter verbessern sollen.
Referenzen:
Blennow & Hampel et al. 2009. Nat Rev Neurol. 6, 131-44
Mattson & Hampel et al. 2009. JAMA. 302, 385-93
Hampel et al. 2010. Nat Rev Drug Discov. 9, 560-74
Ewers & Hampel et al. 2011. Trends Neurosci. In press

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