Die „Spirale der Gewalt“ durchbrechen. Didaktische Perspektiven für den Umgang mit aggressiven Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz in der stationären Altenhilfe
Birgit Panke-Kochinke,
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) Witten
Ines Buscher
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) Witten
1 . Zielsetzung/Fragestellung
IDidaktische Perspektiven für einen angemessenen multiprofessionellen
Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen von Menschen mit Demenz in Einrichtungen
der stationären Altenhilfe zu entwickeln, ist Ziel des Vortrages. Die
zentrale Fragestellung lautet: Welche didaktischen Grundlagen lassen sich benennen,
die einen konstruktiven Umgang von multiprofessionellen Teams in Einrichtungen
der stationären Altenhilfe mit herausfordernden Verhaltensweisen von Menschen
mit Demenz begründen.
2. Materialien/Methoden
Die didaktischen Perspektiven wurden vor dem Hintergrund zweier empirischen
Studie im Rahmen der Leuchtturmprojekte QUIKK (Buscher, Kühnert, & Panke
Kochinke, 2010) und InDemA (Bartholomeyczik et al., 2010) sowie einer Untersuchung
zum Umgang von Pflegenden mit Gewalt, die gegen sie gerichtet ist (Panke Kochinke,
2008), entwickelt. Grundlegend sind didaktische Überlegungen der Lehr-
und Lernforschung im Rahmen konstuktivistischer Lernszenarien.
3. Ergebnisse
Die Studien weisen darauf hin, dass Angst und Unsicherheit sowohl auf Seiten
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als auch auf Seiten des Menschen mit Demenz
eine Haltung bedingen, die auf der einen Seite Abwehr und auf der anderen Seite
Kontrolle produziert. Ein Mehr an Sicherheit auf der Seite der Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter setzt diesen problematischen Mechanismus außer Kraft.
Sie erzeugt ein Mehr an Zufriedenheit auf beiden Seiten. Die Förderung
einer reflexiven Distanz reduziert die Angst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
dem Menschen mit Demenz nicht gerecht werden zu können. Die vor dem Hintergrund
neurowissenschaftlicher Erkenntnisse sich durchsetzenden konstruktivistischen
Lernszenarien werden in der wissenschaftlichen Rekonstruktion daran erkennbar,
dass implizite Erfahrungsbestände in einen Labilisierungsprozess gebracht
und damit Lernpotentiale freigesetzt werden können. Dieser Mechanismus
ist im Rahmen eines didaktischen Modells im Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen
von Menschen mit Demenz in der stationären Versorgung im Rahmen von Lernszenarien
produktiv zu fördern. Fallarbeit stellt ein zentrales Instrument dafür
zur Verfügung (Buscher et al., 2010).
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Unklar ist bislang jedoch, welche Bildungsprozesse in den Fallbesprechungen
ablaufen und welche Faktoren die Prozesse wie beeinflussen. Das DZNE in Witten
beschäftigt sich aus diesem Grunde im Rahmen des Forschungsprojekts „Wirkung
von Fallbesprechungen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe bei
Menschen mit Demenz und herausforderndem Verhalten (FallDem)“ (Deutsches
Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE), 2011) mit unterschiedlichen
Fallbesprechungskonzepten. Verschiedene Fallbesprechungskonzepte werden weiterentwickelt
und ein korrespondierendes Fortbildungskonzept für die nachhaltige Implementierung
von Fallbesprechungen in Einrichtungen der stationären Altenhilfe wird
entworfen und evaluiert. Die in den Fallbesprechungen ablaufenden Bildungsprozesse
sollen rekonstruiert werden. Die Ergebnisse können ggf. einen Beitrag
zur Beantwortung der Fragestellung nach professionellen Handlungskompetenzen
im Umgang mit Menschen mit Demenz leisten und innerhalb der Berufsbildungsforschung
Rückschlüsse auf die Frage nach dem Wissenstransfer in impliziten
Bildungsprozessen zulassen und in ein diadktisches Modell überfürt
werden.
Literatur
Bartholomeyczik,
S., Wilm, S., Bureick, G., Halek, M., Hardenacke, D., Krüger,
C., et al. (2010). Sachbericht zum Projekt „Interdisziplinäre Implementierung
von Qualitätsinstrumenten zur Versorgung von Menschen mit Demenz in Altenheimen“ (InDemA).
Witten.
Buscher, I., Kühnert, S., & Panke Kochinke, B. (2010). Leuchtturmprojekt
Demenz. QUIKK- Qualitative Evaluation von Inhouse-Weiterbildungen zur Konzept-
und Kompetenzentwicklung multiprofessioneller Teams und ehrenamtlicher Mitarbeiter/innen
in stationären, teilstationären und ambulanten Einrichtungen der
Altenhilfe mit dem Schwerpunkt demenzieller Erkrankungen. Abschlussbericht,
eingereicht beim Bundesministerium für Gesundheit am 31. Juli 2010. Düsseldorf
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e.V. (DZNE) (Ed.).
(2011). Jahresbericht 2010. Witten.
Panke Kochinke, B. (2008). Gewalt gegen Pflegekräfte. Problematische Situationen
erkennen und lösen. Frankfurt am Main: Mabuse-Verlag.