Alterspsychiatrie 2009: Seelische Gesundheit und Menschenwürde

IX. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Gerontopsychiatrie und -psychotherapie e.V.

17.- 20. Juni 2009 in Berlin

   
Symposium C6 Freitag, 19.06.2009, 10.15 - 11.45 Uhr
   
   
Antipsychotika im Alter und bei Demenz – Wirksamkeit und Risiken
     
     

Es herrscht Einigkeit, dass im Umgang mit herausforderndem Verhalten bei Demenz zunächst nach möglichen Ursachen gesucht werden muss (z. B. Schmerzen oder Medikamentennebenwirkungen, aber auch psychosoziale Faktoren wie Überforderung in der Kommunikation). Vor der psychopharmakologischen Behandlung sind alle nichtmedikamentösen Interventionsmöglichkeiten auszuschöpfen. Gleichwohl kann häufig nicht auf Medikamente verzichtet werden. Hierbei spielen Antipsychotika seit langem eine wichtige Rolle.
Tatsächlich werden Antipsychotika in Deutschland am häufigsten an Menschen über 75 Jahre verordnet, der absolute Gipfel liegt bei den über 90-Jährigen mit 23 DDD pro 1.000 Versicherte. Der Verordnungsanteil von Antipsychotika der zweiten Generation (2GAP) wächst dabei kontinuierlich, sie haben die klassischen hochpotenten Antipsychotika längst überholt.
Deshalb war es umso irritierender, dass das unterstellte geringere Risiko der 2GAP für schwerwiegende Nebenwirkungen seit November 2002 durch Berichte in Frage gestellt wurde, die vor einer erhöhten Gefahr zerebrovaskulärer Ereignisse unter Risperidon warnten. Auf die Rote-Hand-Briefen der Hersteller von Risperidon und Olanzapin in Deutschland sowie behördliche Warnungen in Großbritannien im Jahr 2004 folgte die FDA-Warnung von 2005 vor dem Einsatz von 2GAP bei Demenz. In der Folgezeit zeigte sich jedoch in verschiedenen Studien, dass Antipsychotika der ersten Generation (1GAP) offenbar mit einem mindestens vergleichbar hohen Risiko verbunden sind. Folgerichtig sprach die FDA im Juni 2008 eine Warnung vor dem Einsatz aller Antipsychotika zur Behandlung von herausforderndem Verhalten bei Demenz aus; die europäische Zulassungsbehörde EMEA folgte im November 2008 mit einer Warnung gleichen Inhalts.
Im Januar 2009 wird die Diskussion weiter angefacht durch die Ergebnisse aus der britischen DART-Studie zur langfristigen Mortalität unter Antipsychotika bei Demenz sowie eine große amerikanische Studie zum plötzlichen Herztod und schließlich einen außergerichtlichen Vergleich in einem Streit wegen des Vorwurfs an einen Arzneimittelhersteller, Ärzte durch gezieltes Marketing zu einem unangemessenen Einsatz des Medikamentes bei Patienten mit besonderem Nebenwirkungsrisiko, nämlich Kindern und Demenzkranken, verleitet zu haben.

Das Symposium versucht, eine Bestandsaufnahme dieser Diskussion zu geben, die wichtigen Ergebnisse vorzustellen und dabei praxisbezogen Risiken gegen Wirksamkeit abzuwägen.

   
   
Vorsitz Dirk K. Wolter, Wasserburg am Inn
  Manfred Koller, Göttingen
   
   
  Risiken von Antipsychotika
  Dirk K. Wolter, Wasserburg am Inn
   
  Wirksamkeit von Antipsychotika bei Demenzkranken?
  Manfred Koller, Göttingen
   
  Antipsychotika und Polypharmazie
  Gabriel Eckermann, Kaufbeuren
   

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