Aktuelles zur Liquordiagnostik
Jens Wiltfang,
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, LVR-Klinikum Essen, Universität
Duisburg-Essen, Essen
Für zukünftige kausal-orientierte
Therapieansätze der Alzheimerdemenz (AD), wie Aß-Immunisierung
oder beta/gamma-Sekretasehemmstoffe, gewinnt eine möglichst frühzeitige
und exakte Diagnosestellung zunehmend an Bedeutung. Neben den bildgebenden
Verfahren
kann hier die Liquor-gestütze neurochemische Demenzdiagnostik (Liquor-NDD)
gerade in Frühstadien der AD die diagnostische Sensitivität und
Spezifität
signifikant verbessern. International ausreichend validiert sind in diesem
Zusammenhang die Liquorbiomarker Gesamt-Tau (+), phosphorylierte Tauproteine
(phospho-Tau (+),
z.B. phospho-Tau181) und das beta-Amyloidpeptid 1-42 (Aß1-42 (-)). Dabei ist
der relative Bezug von Aß1-42 auf Aß1-40 (Quotient Aß42/Aß40 (-)) der alleinigen
Bestimmung
von Aß1-42 überlegen. Die diagnostische Güte dieser Biomarker
liegt bei ihrer kombinierten Bestimmung bei einer Spezifität und Sensitivität
von 80-90%. In 2009 wird die Liquor-NDD Eingang in die nationalen Leitlinien
der DGPPN/DGLN zur verbesserten Diagnostik von Frühformen der AD nehmen.
Im Zusammenhang mit ersten kausal-orientierten Behandlungsansätzen ist
eine präklinische Diagnostik der drohenden Alzheimerdemenz wünschenswert,
da der neurodegenerative Prozess der Alzheimerkrankheit bereits jahrelang subklinisch
im Hintergrund verläuft, bevor die Patienten in das Prodromalstadium der
leichten kognitiven Störung („mild cognitive impairment“,
MCI) und schliesslich in das Demenzstadium eintreten.
In diesem Zusammenhang konnten Hansson et al. (Lancet Neurology, 2006) zeigen,
dass bei Patienten mit MCI (n=137) typische Veränderungen der Biomarker
Gesamt-Tau (+), phospho-Tau (+) und Aß1-42 (-) im Liquor bereits 4-6
Jahre vor Beginn der Demenz eine drohende Alzheimerdemenz anzeigen können.
Dabei konnte durch die kombinierte Bestimmung von phospho-Tau181 und Aß1-42
die Entwicklung
einer AD mit einer Sensitivität von 95% (Spezifität 87%) vorausgesagt
werden. Eine gleichwertige Genauigkeit der Vorhersage war mit der kombinierten
Bestimmung von Aß1-42 und Aß1-40 (Aß1-42/Aß1-40) möglich.
Sowohl in der Liquor- als auch zunehmend in der Blut-basierten neurochemischen
Demenzdiagnostik zeigt sich eine Überlegenheit einer multiparametrischen
Demenzdiagnostik. Innovative Demenzbiomarker zeichnen sich zur Zeit auch für
Frontotemporale Demenzen und die Demenz mit Lewy-Körperchen ab.