Selbständigkeit und Unselbständigkeit im höheren Lebensalter: Was wir durch das Denken und die Befunde von Margret M. Baltes heute lernen können

Hans-Werner Wahl,
Universität Heidelberg


Selbständigkeit bzw. Autonomie und Unselbständigkeit bzw. Abhängigkeit gehören zu den grundlegenden Konzepten einer (interdisziplinär orientierten) Altersforschung. Sie sind, und bleiben wohl auch, ebenso grundlegend für individuelles und gesellschaftliches Altern. Gleichzeitig bedürfen diese Konzepte einer andauernden Reflexion und einer immer wieder neuen Schärfung, bisweilen auch Revidierung, hinsichtlich ihres theoretischen Verständnisses und des Forschungszugangs. Dies hat beispielsweise zu tun mit neuen Forschungseinsichten (z.B. immer deutlichere Sicht einer multi-faktoriellen Sichtweise von Selbständigkeit und Unselbständigkeit), neuen gesellschaftlichen Problemstellungen (z.B. Demenzerkrankungen), sich verändernden Kohorten (z.B. immer größer werdende Gruppen von bis ins höchste Alter relativ wenig beeinträchtigten Älteren), gesellschaftlich-kulturellen Erwartungen (z.B. Selbständigkeit im Sinne gesellschaftlichen Engagements einbringen) und technologischen Entwicklungen (z.B. Technik als Kompensation und „neue“ Form von Selbständigkeit selbst bei schwerwiegenden Einbußen). Unter Einbezug eines interaktionalen Verständnisses von Selbständigkeit und Unselbständigkeit, das vor allem in den Forschungsarbeiten von Margret Baltes theoretisch und empirisch umgesetzt wurde, wird im ersten Teil des Vortrags der Versuch unternommen, die heute vorherrschenden Einsichten zu diesen Konzepten zu resümieren. Ergänzt wird dies im zweiten Teil des Vortrags anhand von ausgewählten empirischen Befunden, wobei auch eigene Forschungsarbeiten (z.B. aus dem Bereich des Umgangs mit chronischen Seheinbußen) einbezogen werden. Im dritten Teil des Vortrags erfolgt ein Rückbezug auf die Forschungsarbeiten von Margret Baltes (vor allem ihre späten Arbeiten und Ergebnisse zu Alltagskompetenz) und auf theoretische Ansätze, wie dem von ihr und Paul B. Baltes entwickelten Modell der selektiven Optimierung mit Kompensation.

 

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