Ist es medizinisch sinnvoll, sich auch um den älteren Organspender zu bemühen?

Claus Wesslau,
Geschäftsführender Arzt der Deutschen Stiftung Organtransplantation, Organspenderegion Nord-Ost, Berlin


Die Organtransplantation ist heute weltweit ein etabliertes Verfahren zur Behandlung von Patienten mit terminalem Organversagen. Zunehmende Erfahrung, Optimierung des intraoperativen Managements, Verbesserung der Organkonservierung, aber vor allen Dingen die Einführung wirksamer Immunsuppressiva haben die Transplantationsergebnisse erheblich verbessert und die Mortalität sowie die Komplikationen unmittelbar nach Transplantation deutlich gesenkt.
Diese Erfolge trugen nicht nur dazu bei, die Bereitschaft der Patienten zur Transplantation zu fördern, sondern führten auch zur Liberalisierung bisher geltender Ausschlusskriterien. Höheres Lebensalter und bestehende Risikofaktoren sind heute in der Regel keine Kontraindikationen für die Organverpflanzung. Beides führte zu einer weiteren Zunahme der auf die Transplantation wartenden Patienten und hat die Diskrepanz zwischen dem Organangebot und dem –bedarf vergrößert.
Hauptursache ist der Mangel an Spenderorganen, an dem sich auch durch die Einführung erweiterter Spenderkriterien und durch die Akzeptanz „suboptimaler“ Organe leider nur wenig geändert hat. Etwa 50% der auf die Transplantation wartenden Patienten sind älter als 55 Jahre und mehr als 700 Patienten, die sich in Deutschland auf der Nierentransplantationswarteliste befinden, sind älter als 65 Jahre. Trotz intensiver Aufklärung der Bevölkerung wissen nach wie vor 90% der im Akutfall befragten Angehörigen nicht, wie sich der Verstorbene zu Lebzeiten entschieden hat. 50% entscheiden sich dafür und 50% gegen die Organspende.
Bei der Abfassung der Patientenverfügung sollte deshalb auch an die Organ- und Gewebespende gedacht werden, Die Zustimmung zur Organspende ist nicht nur die Voraussetzung, um die umfassende organbezogene Diagnostik durchführen zu können, sondern für viele ältere Empfänger die einzige Chance zeitgerecht ein Organ zu erhalten.

 

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