Gerontopsychiatrische Betreuung von Heimbewohnern durch eine Psychiatrische Institutsambulanz – eine Bedarfsanalyse im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf
Volker Dahling
Demographischer
Wandel und Veränderungen in der Versorgung durch Angehörige
lassen in den nächsten Jahren eine deutliche Zunahme der Betreuung Pflegebedürftiger
in Heimen erwarten. Bereits 2005 sind mit der Veröffentlichung der SÄVIP-Studie
von Hallauer et al. gravierende Defizite in der fachärztlichen Betreuung
von Heimbewohnern benannt worden: Trotzdem bei den Ursachen für den Eintritt
ins Pflegeheim gerontopsychiatrische Krankheitsbilder, allen voran die Demenzerkrankungen
an erster Stelle stehen und diese mit einer Prävalenz von deutlich über
50% bei Heimbewohnern vorkommen, werden bundesweit nur etwa 1/3 der Heimbewohner
fachärztlich durch Psychiater, Nervenärzte oder Neurologen erreicht.
Eine Betreuung durch gerontopsychiatrisch erfahrene Kollegen, wie sie aufgrund
der spezifischen und oft sehr komplexen Problematik seit langem gefordert wird,
dürfte noch deutlich seltener erfolgen.
In diesem Kontext möchte dieser Beitrag die Arbeit einer Psychiatrischen
Institutsambulanz in Berlin darstellen. Dabei sollen Stärken und Schwächen,
Möglichkeiten und aktuelle Hemmnisse dieser Versorgungsform diskutiert
werden.
Am Beispiel des Berliner Bezirkes Marzahn-Hellersdorf werden Versorgungssituation
und Besonderheiten in der Entwicklung der Altersstruktur aufgezeigt.
Anhand eigener Daten soll dargestellt werden, wer alterspsychiatrisch durch
unsere PIA behandelt wird, wie oft psychiatrische und welche somatischen Komorbiditäten
vorliegen, ob und in welchem Ausmaß die Mobilität eingeschränkt
ist oder sensorische Behinderungen vorliegen und wie hoch der Pflegebedarf
ist.
Die durch unsere Einrichtung betreuten
Heimbewohner mit gerontopsychiatrischer Diagnose sind in der Regel chronisch
und schwer krank, multimorbid und erheblich
pflegebedürftig.
Es werden sowohl die Kriterien für die PIA-Behandlung als auch die nach
speziell gerontopsychiatrischer Behandlung erfüllt.
Dabei darf sich diese keinesfalls in einer sicheren Pharmakotherapie erschöpfen,
es muss vielmehr eine enge Zusammenarbeit mit Angehörigen, Pflegepersonal
und anderen Therapierichtungen erfolgen, um dem Betroffenen ein günstiges
Milieu zu schaffen und vorhandene Fähigkeiten zu fördern und zu erhalten.
Aufgrund der Verschränkung gerontopsychiatrischen Problematik mit oft
multipler somatischer Komorbidität ist darüber hinaus in besonderem
Maß eine fachübergreifende Zusammenarbeit gefordert, um eine optimale
und schonende Behandlung zu gewährleisten.
Unsere Einrichtung kann eine solche
Betreuung gewährleisten, jedoch werden
aktuell Kostenübernahmen für PIA-Behandlung, insbesondere bei Heimbewohnern,
von einzelnen Krankenkassen in großem Umfang abgelehnt. Alternativen
sind nicht in Sicht.
Angesichts der dargestellten Entwicklungen stellt sich dringender denn je die
Frage, wie und durch wen eine zumindest in unserem Bezirk wahrnehmbare zunehmende
alterspsychiatrische Unterversorgung von Heimbewohnern aufgefangen werden kann.