Wirksamkeit von Antipsychotika bei Demenzkranken?

Manfred Koller,
Asklepios Fachklinikum Göttingen


Wenn zur Behandlung einer Verhaltensstörung bei Demenz keine wirksamen Modifikationen der Lebenssituation möglich sind, ggf. vorhandene Fehlmedikationen korrigiert, somatische Ursachen ausgeschlossen und nicht-pharmakologische Möglichkeiten ausgeschöpft sind, sind pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten in Betracht zu ziehen. Im Wesentlichen werden Antidementiva, Antidepressiva, Antikonvulsiva, Benzodiazepinen und Neuroleptika verhaltensmodifizierende Effekte zugeschrieben.
Wann und bei wem diese Substanzen indiziert sind, wird teilweise kontrovers diskutiert. Von den atypischen Neuroleptika ist lediglich das Risperidon für die Indikation schwere anhaltende Aggressivität mit Selbst- bzw. Fremdgefährdung als Kurzbehandlung zugelassen. Andere Neuroleptika, Antikonvulsiva sowie viele Antidepressiva werden bei älteren Menschen mit Demenz im Rahmen eines „off label use“ eingesetzt. Das verlangt eine besonders sorgfältige Begründung für deren Einsatz und die Aufklärung der Betroffenen oder deren Betreuer über den Einsatz der Medikamente im Rahmen eines Heilversuchs.

Die Risiken von Neuroleptika insbesondere in Hinsicht auf vaskuläre und kardiale Komplikationen einschließlich Erhöhung der Mortalitätsrate verlangen eine genaue Abwägung des Nutzens der Medikation gegen ihre Risiken. Hier befinden wir uns in einem therapeutischen Dilemma.

Bei Demenzkranken existiert in der Regel keine Dauerindikation für eine Neuroleptikatherapie. „Start low – go slow“ empfiehlt sich beim Einsatz von Neuroleptika, die Gabe sollte so kurzzeitig wie möglich erfolgen. Absetzversuche sind indiziert und führen kaum zur Verschlechterung der psychopathologischen Situation, verringern aber das Mortalitätsrisiko, wie neuere Studien zeigen.

Ein Cochrane Review zum Einsatz von Haloperidol zur Behandlung von agitiertem Verhalten bei Patienten mit Demenz erbrachte keinen Hinweis für die Wirksamkeit von Haloperidol gegenüber Placebo.

Andererseits fanden sich Hinweise für eine Abnahme von aggressivem Verhalten in über fünf RCT. RCTs, die den Einsatz von Antipsychotika bei Psychosen oder Agitation assoziiert mit einer Demenz überprüften, weisen auf einen mäßigen Effekt bzgl. der Symptomreduktion gegenüber Placebo hin. Eine Catie-Studie bei ambulanten Patienten mit Alzheimer-Erkrankung in üblichen Betreuungssituationen zeigte ebenfalls, dass sich einige klinische Symptome wie z.B. Ärger, Aggression und Wahnvorstellungen unter der Therapie besserten, ohne allerdings die Pflegebedürftigkeit oder die Lebensqualität zu verbessern.

Bereits werden die Kosten neuroleptischer Behandlung mit einer Placebobehandlung verglichen.
Für den Einsatz von Neuroleptika bei einer FTD existieren keine überzeugenden Wirksamkeitsbelege.

 

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