Suizidalität in der Allgemeinbevölkerung
Yvonne Lembach,
Institut für Studien zur Psychischen Gesundheit, Mannheim
Die
Suizidrate unterliegt sowohl in Deutschland als auch in den meisten anderen
Industrienationen dem sog. „ungarischen Muster“, d.h. das Risiko
durch Suizid zu sterben nimmt mit dem Alter zu. Etwa 30% aller Suizidenten
sind über 65 Jahre alt, obwohl ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung
nur etwa 15% beträgt. Insbesondere Männer über 75 Jahren sind
von einer hohen Suizidrate betroffen.
Neben der hohen Prävalenz psychischer, insbesondere depressiver Erkrankungen
im Alter, leiden ältere Menschen häufig an schweren körperlichen
Erkrankungen, die vor allem in Zusammenhang mit starken Schmerzen, einem chronischen
Verlauf und einer geringen Heilungschance das Suizidrisiko erhöhen.
Darüber hinaus sind ältere Menschen häufig bestimmten psychosozialen
Risikofaktoren ausgesetzt, die mit einem erhöhten Suizidrisiko im Alter
einhergehen. Nach eigenen Untersuchungen, bei denen die vollendeten Suizide
der Jahre 2006 und 2007 im Saarland ausgewertet wurden, waren knapp 40% der
Suizidenten über 65 Jahren im Vorfeld ihres Suizides von alterstypischen
Belastungen wie dem Tod oder einer schweren Krankheit des Lebenspartners, dem
Umzug in ein Pflegeheim, der Aussicht auf den zunehmenden Verlust der eigenen
Selbstständigkeit oder von Krankheitsängsten betroffen. Finanzielle
Probleme, ein niedriger Lebensstandard sowie familiäre oder partnerschaftliche
Konflikte scheinen hingegen bei der Entwicklung von Suizidalität im Alter
kaum noch eine Rolle zu spielen.
Entsprechend der Besonderheiten bei Suiziden älterer Menschen erfordert auch die Prävention von Alterssuiziden spezifische Maßnahmen. Probleme bestehen hierbei u.a. in der relativ hohen gesellschaftlichen Akzeptanz von Alterssuiziden und der geringen Inanspruchnahme professioneller Krisendienste durch ältere Menschen. Im Rahmen der Prävention kommt daher dem Hausarzt eine besondere Bedeutung zu, den die meisten älteren Suizidenten vor der Tat noch einmal aufsuchen.